20.08.2022

Wo der Schwarzspecht wohnt

Bericht der Exkursion zu den Taunussteiner Naturwäldern (WK 22.08.22)

Von Hendrik Jung

WATZHAHN. Annähernd 200 Jahre alt ist der Buchenbestand, der östlich von Watzhahn unweit der Eisenstraße gelegen ist. Da hier schon lange keine forstliche Bewirtschaftung stattgefunden hat, könnte der Taunussteiner Agrarbiologe Wolfgang Ehmke sich vorstellen, diese und andere Flächen auch in Zukunft dauerhaft aus der Bewirtschaftung nehmen und hier eine von mehreren Naturwaldzellen entstehen zu lassen.

Bei einer Exkursion erläutert er zwei Dutzend Teilnehmern die Vorteile solcher Wirtschaftswälder außer regelmäßigem Betrieb, an deren Rändern lediglich zur Wahrung der Verkehrssicherungspflicht Stämme geschlagen werden. Diese verbleiben aber als Totholz vor Ort. „Wir gehen nicht in die Fläche, aber werfen von außen einen Blick hinein“, betont Ehmke. Schließlich habe er auf dem Areal vor Kurzem sowohl Waldkauz als auch Grauschnäpper sowie zwei Mittelspechte entdeckt. Aber auch Wildkatze und Schwarzspecht seien in der Region heimische Arten, die empfindlich auf Störungen reagierten.

Durch Totholz und Habitatbäume kann in solchen Wirtschaftswäldern außer regelmäßigem Betrieb Lebensraum für Wildtiere entstehen. Darüber hinaus können die Bäume dort länger dazu beitragen, Kohlendioxid zu binden. Entlang drei solcher Naturwaldzellen könnten sich der Taunussteiner Ortsverband des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND), die Taunussteiner Bürgerstiftung sowie die Bürgerstiftung Unser Land! Rheingau und Taunus die Einrichtung eines rund vier Kilometer langen Wildnispfads vorstellen. Auf Hinweistafeln könnte dann erläutert werden, was es mit Naturwaldzellen auf sich hat. Ein Konzept, das bei der nächsten Sitzung der Magistratskommission vorgestellt werden soll, die sich mit der Zukunft des Taunussteiner Stadtwalds auseinandersetzt.

„Wenn man naturnahe Waldzellen entwickeln will, ist es wichtig, dass Einzelflächen eine relative Größe haben oder man einen Biotop-Verbund schafft“, betont Thomas Petsch, der Vorsitzende des BUND Taunusstein. Dass dafür Potenzial besteht, wird bei der Exkursion am Rande der möglichen Naturwaldzelle demonstriert. Denn an diese schließt sich ein Waldstück mit Fichten in schlechtem Zustand an, zwischen denen bereits junge Buchen wachsen. „Das wäre meiner Ansicht nach eine Option für eine Erweiterung“, erläutert Ehmke. Zumal die Fläche sich bis zu einem Gebiet mit Kiefern und Weißtannen erstrecke, das er sich ebenfalls als Naturwaldzelle vorstellen kann.

Da die Gruppe sich hier an einer Schnittstelle zum Wirtschaftswald befindet, kommt außerdem eine Diskussion auf zum jüngst beschlossenen Ende des vorübergehenden Einschlagsstopps für gesunde Buchen im Taunussteiner Stadtwald. In Zukunft soll wieder die Hälfte des in der Forsteinrichtung vorgesehenen Hiebsatzes erfolgen. „Ich empfehle, dass diese 50 Prozent überwiegend bei Kalamitätsholz und durch die Pflege junger Bestände erreicht werden“, verdeutlicht Förster Hartmut Schneider, der das Revier Taunusstein leitet. Denn angesichts der andauernden Trockenheit nehmen auch die Buchen Schaden, sodass hier ähnlich wie bei den Fichten Kalamitäten entstehen. Für einen möglichen Waldpfad gibt Klaus Stolpp, ehemaliger Revierförster in Schlangenbad, zu Bedenken, dass es bei Einrichtung eines solchen zu erhöhten Anforderungen bei der Verkehrssicherung käme. „Das müssen wir noch mal klären“, erklärt Ehmke, dass er diesen Einwand aus der Exkursion mitnehme.