IN PLANUNG: Der Taunussteiner Wildnispfad


Dr. Wolfgang Ehmke, 01.06.23

 

Taunusstein wagt Wildnis - der Taunussteiner Wildnispfad

 

Im Taunussteiner Stadtwald gibt es ca. 30 Teilflächen mit insgesamt ca. 150 ha, die forstwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden („Wald ausser regelmässigem Betrieb; WarB“). Der Grund hierfür ist, dass diese Wälder aufgrund ihrer flachgründigen, felsigen Böden, ihrer Steilheit oder wegen hoher Grundwasserstände nicht wirtschaftlich genutzt werden können. Sie befinden sich deshalb in Entwicklung zu Wäldern, die im Endzustand an die natürlichen Standortfaktoren angepasst sind (Klimaxstadium), wobei dieser Prozess in Abhängigkeit vom Zeitpunkt des letzten Eingriffs des Försters noch Jahrzehnte dauern kann. Sie weisen einen hohen Anteil an stehendem und liegendem Totholz, zahlreichen Habitaten (Kleinlebensräumen) und eine Fülle waldtypischer Tier- und Pflanzenarten auf (u.a. Spechte, Fledermäuse, Orchideen). Sie bilden so die Keimzellen eines wilden Naturwaldes und können folglich als „Naturwaldzellen“ bezeichnet werden. Ihre formelle Ausweisung würde auch eines der Kriterien für die angestrebte FSC-Zertifizierung des Stadtwaldes erfüllen.

 

Einige dieser Naturwaldzellen (NWZ) liegen aufgereiht am Tal des Kotzebaches nicht weit auseinander und sind durch Forstwege und Pfade miteinander verbunden. So bietet sich die Gelegenheit, auf einem Rundweg von ca. 4 km Länge verschiedene naturnahe Waldgesellschaften zu begehen und erlebbar zu machen. Dabei versteht es sich, dass dieser Wildnispfad teilweise sehr schmal und unbefestigt ist, so dass er nicht barrierefrei begangen werden kann.

 

Die in diesen NWZ erfassten Waldbilder und Waldgesellschaften reichen vom bodensauren Rotbuchenwald – der für den Taunus typisch ist – über Traubeneichen-Birkenwald und Eichen-Hainbuchenwald bis hin zu Übergangsstadien mit hohen Anteilen an Waldkiefern und Europäischen Lärchen. Dabei erreichen die Buchen und Eichen ein Alter von bis zu 150 Jahren, teilweise sogar bis zu 200 Jahren. Der Anteil an Fichten und Douglasien ist sehr gering. Der Totholzanteil ist hoch; viele Bäume sind abgängig oder weisen Habitatstrukturen auf (Spechthöhlen, Astlöcher, Bewuchs mit Pilzen, Moosen, Schwämmen usw.).

 

Der Taunussteiner Wildnispfad soll also dazu dienen, diese „Naturwaldperlen vor der eigenen Haustür“ für alle interessierten Bürger.innen erlebbar zu machen und so das Verständnis und die Begeisterung für die Erhaltung unserer – im Klimawandel so wichtigen – Wälder zu wecken und zu fördern. Ausserdem besteht so die Möglichkeit, die Entwicklung dieser Waldwildnis mit ihrem spezifischen Tier- und Pflanzeninventar über die Jahrzehnte hinweg zu verfolgen und zu erforschen. Und schliesslich bietet die Beobachtung der NWZ auch den städtischen Förster.innen die Chance, daraus Lehren für die Behandlung der Wirtschaftswälder im Klimawandel zu ziehen. Ausserdem könnten die NWZ für die Taunussteiner Schulen als ausserschulische Lernorte dienen.

Die beiden Bürgerstiftungen (BS Taunusstein und BS Unser Land! Rheingau und Taunus) haben sich darauf verständigt, das BUND-Konzept „Wildnispfad“ zu unterstützen und die Kosten der Beschilderung zu übernehmen. Bei der geplanten Umwandlung des Stadtwaldes zu einem klimaresistenten Dauerwald spielen die Naturwaldzellen eine wichtige Rolle. Der BUND wird jährlich eine geführte Wanderung entlang des Wildnispfades anbieten und dabei sowohl die veränderte Waldwirtschaft als auch die Entwicklung der zukünftigen wilden Wälder beleuchten.


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Alter Eichen-Hainbuchenwald

Buchenwald mit viel Totholz


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